OneShot: Die Pilze

Die Sonne versteckte sich hinter dicken grauen Wolken, es hatte seit Tagen nicht geregnet, aber das war gut so. Jennifer, eine junge Frau Anfang 20, stand am Fenster und schaute raus. Sie strich sich eine Strähne ihrer blonden Haare beiseite. Ihre grauen Augen passten fast perfekt in das graue Klima.
Sie blickte zurück in den Raum, er war mit einer Staubschicht überzogen und man konnte sehen, wo sie etwas bewegt oder hingestellt hatte. Auf dem Boden, mitten im Raum, stand eine weiße Schüssel mit Wasser gefüllt.
Die Luft war so trocken, dass man fast schon den Staub und Sand auf der Zunge schmecken konnte. Vorsorglich hatte Jennifer ein nasses Laken über das gekippte Fenster gehangen. So sahen fast alle Fenster in der kleinen Stadt aus, in welcher sie gerade verweilte. Der Wind würde so wenigstens einige Räume feucht halten. Die junge Frau wusste, dass die meisten der Laken nicht mehr feucht waren.
Sie guckte in den Himmel, hoffte, obgleich die Luft trocken war, das es nicht regnete. Regen bedeutete, dass die Pilze sprießen würden und umso weiter sie sprießen, desto weiter verteilten sie sich. Eine starke Windböe bedeutete, dass der Pilz aufplatzte und die Sporen verteilten. Die Wissenschaft konnte sich, als das Ganze begonnen hatte, nicht erklären wieso das bei diesem Pilz so war. Sie hatten keinen Namen für alles und schon schnell war es nur noch „der Pilz“.
Eine ekelige Mischung aus trockenem Pilz und haftenden Schleim, wirbelte dann durch die Luft. Wo dieses Gemisch auftrat, so wuchsen dort neue Pilze. Wer diese Pilze einatmete oder auf die Haut bekam wurde quasi selber zu einem Pilz.
Jennifer hatte es selber erlebt, sie setzte sich auf den Boden gelehnt an eine Wand, dachte über die letzten Wochen nach. Sie hatte seit Wochen niemand Menschlichen mehr gesehen, es war, als wäre sie der letzte menschliche Mensch. Pilz-Menschen kamen immer wieder an ihr vorbei. Sie hatte gelernt sich fast unauffällig zu verhalten, reagierten diese Art von Menschen doch auf Bewegung und lärm.
Jennifer zog die Beine näher an sich ran. Sie schluchzte leise, so leise das man es kaum hören konnte. Gedanklich fragte sie sich, wieso sie sich nicht einfach in ein Pilz-Beet legte. Einfach die Sporen einatmeten, die klebrige Masse abbekam. Es wäre vorbei.
Sie konnte nicht. Irgendwo auf der Welt gab es sicherlich noch normale Menschen.
Jennifer hatte sich ein kleines Gemüsebeet angepflanzt, hatte es so geschützt das die Pilze es nicht ungenießbar machen konnten. Eines Nachts aber, es hatte gerade geregnet, kam eine Gruppe von fünf jungen Männern.

Jennifer wollte die Männer eigentlich in die Flucht schlagen, sie entschied sich um, es waren ihr zu viele und so versteckte sie sich zwischen den Balken in dem Zwischenboden bei der Decke. Einen Ort, den sie zufällig entdeckt hatte. Einen Tag harrte sie so aus, bis ein Kräftiger Sturm die Pilze platzen ließ und die Sporen durch die offenen Fenster trugen. Jennifer in ihrem Versteck gefror das Blut in den Adern.
Niemals zuvor war sie so dicht dabei gewesen, als den Menschen die Pilze aus dem Armen wuchsen. Einer der Männer platzte quasi und setzte noch mehr Sporen frei. Die Männer waren verloren und es dauerte Ewigkeiten bis Jennifer es aus dem Haus geschafft hatte. Sie schnappte sich das nötigste und lief zu dem Wagen, den sie vor dem Haus geparkt hatte. Ihr Beet war übersät mit Pilzen. Es war, als wäre das ganze Haus ein gigantischer Pilz.

Jetzt hockte sie hier, alleine in ihrem neuen Versteck und es schüttelte sich noch einmal. Hier war viel Staub und sie schätzte die Familie war jetzt auch einfach nur ein Pilz geworden. Wie die meisten anderen Menschen auch.